Ein alter Grieche in der Minecraft-Welt?!?

"Warum ausgerechnet Platon?", bin ich von einigen Lesern des zweiten Würfelwelt-Bands gefragt worden. "Was hat ein alter Grieche in der Minecraft-Welt zu suchen?" Die Frage ist berechtigt: Erhält Marko im ersten Band noch tatkräftige Hilfe von Minecraft-Megaexperte Gronkh, so trifft er zwar im zweiten Teil auf den ebenfalls sehr erfahrenen Concrafter, doch in den entscheidenden Passagen ist es ausgerechnet der in Bezug auf Minecraft völlig ahnungslose Philosoph Platon, der ihm mit altgriechischen Schlaumeiersprüchen mehr oder weniger hilfreich zur Seite steht. Was habe ich mir nur dabei gedacht?

 

Marko zweifelt im Verlauf der Geschichte immer mehr an der Wirklichkeit. Diese Grundfrage, ob die Welt um uns herum real ist, bzw. ob wir das überhaupt wissen können, beschäftigt mich schon seit Jahrzehnten. Lange bevor der Kinohit "Matrix" erschien, habe ich im jugendlichen Alter (das muss wohl 1973 oder so gewesen sein) den Fernsehfilm "Welt am Draht" von Rainer Werner Fassbinder gesehen, in dem die Hauptfigur ebenfalls merkt, dass sie nur eine Simulation in einem Computer ist. Seit damals hat mich der Gedanke, unsere Welt könnte künstlich sein, nicht mehr losgelassen. Ich habe ihn in mehreren Büchern verarbeitet, neben der Würfelwelt-Reihe auch in meinen Erwachsenenromanen "Glanz" und zuletzt "Delete".

 

Doch die Idee, dass die Welt, die wir sehen, nicht die Wirklichkeit ist, gibt es schon sehr viel länger. Sie wurde bereits vor 2.500 Jahren in den Straßen Athens diskutiert. Damals war es Platon, der die Grenzen unserer Erkenntnis mit seinem berühmten Höhlengleichnis auf den Punkt brachte. Darin vergleicht er unsere Wahrnehmung der Welt mit Gefangenen, die in einer Höhle angekettet sind und nur die Schatten der Welt außerhalb der Höhle sehen können. Da sie nichts anderes kennen, glauben sie, diese Schatten seien die ganze Realität, und ahnen nicht, dass sie nur ein verzerrtes Abbild wahrnehmen. Besser kann man den Begriff virtuelle Realität mit den Wörtern der damaligen Zeit nicht beschreiben.

 

Es lag also nahe, den großen Philosophen persönlich in meinem Buch auftreten zu lassen. Ganz nebenbei hoffe ich, auf diese Weise bei dem einen oder anderen Leser Interesse an der Beschäftigung mit philosophischen Fragen zu wecken - etwas, das mir großen Spaß macht.

 

Platon wäre übrigens von Minecraft begeistert gewesen: Für ihn gab es eine höchste Ebene der Wirklichkeit, die nur aus abstrakten, unvergänglichen Ideen bestand. Alle realen Dinge und Begriffe leiteten sich aus diesen übergeordneten Ideen ab, waren aber bestenfalls unvollkommene Abbilder. Somit wäre eine streng geometrische Würfelwelt für ihn viel näher am Ideal der Vollkommenheit gewesen als die wirkliche Welt. Recht hat er! :)

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Kommentare: 3
  • #1

    Noah (Montag, 05 Mai 2014 16:33)

    Es ist ne gute Idee aber die meisten Leser in meinem Alter wissen nicht mal wer Platon ist und was er gemacht hat man bekommt nur den Tipp das er philosof ist.
    Aber wenn man sich das hier durchließt merkt man das es auch einen Sinn hatte.

  • #2

    karl-olsberg (Montag, 05 Mai 2014 18:56)

    @Noah: Umso wichtiger finde ich es, dass Leser in Deinem Alter etwas über Platon erfahren (in meinem übrigens auch, die meisten Erwachsenen wissen ebenso wenig über Platon wie Du). Der Mann war seiner Zeit weit voraus und seine Gedanken sind heute immer noch aktuell. :)

  • #3

    Simon (Mittwoch, 07 Mai 2014 19:20)

    Also, ich war auch am Anfang sehr verwirrt warum denn Platon was damit zu tun hat. Das er Philsoph war wusste ich zwar. Als ich dann gelesen hab... abstrakte Welt ... ahhh der hat da ja eigene Thesen aufgestellt. Den mit einzubringen war zwar auf eine Art ein bisschen verwirrend (passt ja) und auf der anderen Seite echt faszinierend