Bleib zuhause und lies!

Aktualisierung 3.3. 14:00h: Die Leipziger Buchmesse wurde inzwischen abgesagt. Meine Kostenlos-Aktion (siehe unten) findet trotzdem statt!

 

Die Leipziger Buchmesse ist immer etwas ganz Besonders für mich. Nicht nur, weil ich Leipzig als Stadt sehr mag (ich war erst vor zwei Wochen zu einem Kurzurlaub dort), sondern vor allem, weil sie im Gegensatz zur Frankfurter Buchmesse in erster Linie für euch, meine Leser*innen, gemacht ist. Umso bitterer ist es, dass dieses großartige Lesefest dieses Jahr durch das neue Coronavirus akut bedroht ist.

Noch wurde die Messe nicht abgesagt. Die Vernunft gebietet es mir jedoch, euch zu bitten, dieses Jahr nicht nach Leipzig zu fahren. Stattdessen fordere ich alle meine Leser*innen auf: Bleibt zuhause und lest! Um euch diese Entscheidung etwas leichter zu machen, schenke ich jedem, der NICHT zur Leipziger Buchmesse fährt, ein E-Book!

Während der Messetage vom 12. bis 15. März werden folgende E-Books, die ich selbst veröffentlicht habe, auf Amazon kostenlos verfügbar sein und auf dieser Website in verschiedenen Formaten zum Download zur Verfügung stehen:

Darüber hinaus spreche ich zurzeit mit den Verlagen, in denen Bücher von mir erschienen sind, darüber, inwieweit sie sich an dieser Aktion beteiligen wollen. Noch unklar ist, ob ich selbst nach Leipzig fahren werde, falls die Messe stattfindet – ich bin für mehrere Veranstaltungen eingeplant und werde diese nur nach Rücksprache mit den beteiligten Veranstaltern absagen. Ich werde es auf dieser Website mitteilen, sobald es hierzu Neues gibt.

 

Update 4.3.: Der Loewe Verlag unterstützt meine Aktion, indem mein Roman "Boy in a White Room" während der Messetage überall kostenlos als E-Book erhältlich sein wird. Danke, liebes Loewe-Team!


Eine solch drastische Bitte, die (noch?) im Widerspruch zur Entscheidung der Messeveranstalter steht, erfordert eine  ausführliche Begründung.

Das Robert-Koch-Institut schätzt die Gefahr durch das neue Coronavirus für die Bevölkerung als „gering bis mäßig“ ein. Das Virus ist besonders schwierig einzudämmen, weil Infizierte bereits ansteckend sind, bevor sie erste Symptome spüren, und es noch keinen Impfstoff gibt (dieser wird frühestens im nächsten Jahr verfügbar sein). Doch es geht hier nicht nur um das individuelle Risiko einer Ansteckung, das auf einer Massenveranstaltung immer gegeben ist und über das jeder selbst entscheiden kann.

Covid-19 ist vor allem eine große Belastung für unser Gesundheitswesen. Ärzt*innen und Pfleger*innen sind besonders gefährdet, zumal es bereits einen Engpass bei Schutzkleidung gibt, die überwiegend in China hergestellt wird. Sollte die Zahl der Covid-19-Fälle drastisch steigen, wird sich dies massiv auf die Behandlungskapazität der Krankenhäuser und Arztpraxen auswirken, weil mehr Menschen behandelt werden müssen und gleichzeitig medizinisches Personal ausfällt. Zudem zwingt das neuartige Virus die Krankenhäuser zu besonders aufwändigen Maßnahmen wie Quarantäne der Betroffenen. Somit wirkt sich Covid-19 nicht nur auf die Infizierten aus, sondern auch auf alle anderen kranken und hilfsbedürftigen Menschen. Vor diesem Hintergrund halte ich es für geboten, die Zahl der Covid-19-Fälle so gering wie möglich zu halten und deshalb Massenveranstaltungen wie die Leipziger Buchmesse zu meiden – nicht nur im Eigeninteresse, sondern vor allem im Interesse der Menschen, die unser Gesundheitssystem mit großem persönlichen Einsatz am Laufen halten, und derjenigen, die es momentan dringend brauchen, aus welchen Gründen auch immer.

 

Ergänzung 2.3.2020: Wie wahrscheinlich ist, es dass das Coronavirus zur Leipziger Buchmesse kommt?

@LamarEtHenry fragt auf Twitter: "Wird der Coronavirus auch zu Gast auf der #lbm2020 sein?" Ich habe versucht, die Wahrscheinlichkeit dafür zu berechnen. Im Ergebnis komme ich auf eine Wahrscheinlichkeit von >95%, dass mindestens ein Coronavirus-Infizierter am 12.3. durch die Messehallen schlendern wird. Hier ist mein Rechenweg:

 

Ausgangsfakten: 82,79 Mio. Einwohner in Deutschland, 286.000 Besucher der LBM 2019, 150 bekannte Covid-19-Fälle (per 2.3. 10.00 Uhr), Dunkelziffer unbekannt, aber vermutlich sehr hoch, da bis zu 80% der Infizierten keine Symptome zeigen (aber trotzdem ansteckend sein können) und die Inkubationszeit mit bis zu 14 Tagen sehr lang ist.

 

Annahmen: Wachstumsrate der bekannten Infektionen 10% pro Tag (in den letzten Tagen war sie deutlich höher), Dunkelziffer-Faktor 5  (d.h. es gibt fünfmal so viele Infizierte wie positiv getestete Personen), Aufgrund von Covid-19 kommen dieses Jahr nur halb so viele Besucher (143.000) nach Leipzig.

 

Die Annahmen führen zu der Prognose, dass bei Messestart am 12.3. ca. 389 Covid-19-Fälle registriert sein werden. Aufgrund der Dunkelziffer wären dann in Deutschland ca. 2.000 Personen tatsächlich infiziert. Teilt man diese durch die Einwohnerzahl und multipliziert sie mit der (halbierten) Besucherzahl, kommt man auf einen Erwartungswert von 3,4, d.h. im Mittel würde man 3-4 Infizierte auf der Messe erwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass kein einziger Besucher der LBM infiziert ist, ergibt sich aus der Formel (1 - Infektionsquote) hoch Besucherzahl, sie liegt bei den gewählten Annahmen bei 3,5%. Im Umkehrschluss heißt das, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 96,5% mindestens ein Messebesucher den Virus in sich trägt.

 

Diese Rechnung ist natürlich sehr ungenau. Insbesondere die Dunkelziffer ist eine große Unbekannte. Außerdem habe ich die regionale Verteilung der Fälle nicht berücksichtigt - ich weiß zum Beispiel nicht, wie hoch der Anteil der Messebesucher aus Nordrhein-Westfalen ist, dem zurzeit am stärksten betroffenen Bundesland. Doch selbst, wenn man den von mir berechneten Erwartungswert halbiert, ist die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Messebesucher infiziert ist, noch größer als 80%. Nicht berechnet habe ich das Ansteckungsrisiko durch die infizierten Besucher, da mir dafür Daten fehlen.

 

In Summe bedeutet das: Die Wahrscheinlichkeit, sich persönlich auf der Messe anzustecken, ist sehr gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens einige Menschen in Leipzig infiziert werden, ist dagegen sehr hoch (alle Hygienemaßnahmen der Welt können keinen hundertprozentigen Schutz bieten). Deshalb diese Aktion.

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Ruprecht Frieling (Montag, 02 März 2020 19:12)

    Coole Initiative! Da nimmt wenigstens einer mal die Herausforderung durch die neue Situation positiv an.

  • #2

    Karl Olsberg (Dienstag, 03 März 2020 06:59)

    @Ruprecht Frieling: Vielen Dank!

  • #3

    Sandra (Dienstag, 03 März 2020 09:51)

    Unnötige Panikmache! Für kranke und immungeschwächte mag das ja richtig sein und ein tolles Angebot Ihrerseits, aber für die meisten anderen ist das völlig übertrieben. Demnach dürfte niemand mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen, zur Arbeit gehen oder im Ansatz das Haus verlassen.

  • #4

    Rainer aus Leipzig (Dienstag, 03 März 2020 09:52)

    Ich finde das eine ausgezeichnete Idee. Warum das Risiko mit einem Strohhalm ansaugen, wenn es objektiv keine Notwendigkeit gibt diese Messe durchzuführen. Übrigens drängt sich mir die Frage auf : Wer trägt hier das Risiko? Die Messeleitung wird sich wahrscheinlich nicht im dichten Publikumsverkehr bewegen!

  • #5

    Karl Olsberg (Dienstag, 03 März 2020 10:47)

    @Sandra: Die Kranken und Immungeschwächten werden kaum auf die Messe gehen. Trotzdem sind sie die Leidtragenden. Denn diejenigen, die sich möglicherweise auf der Messe infiziern und das Virus weiterverbreiten, belasten das Gesundheitssystem unnötig, was wiederum zu Lasten der Kranken und Immungeschwächten geht - die keinerlei Einfluss auf die Situation haben.

    Wer sich dem Risiko einer Virusinfektion aussetzt, gefährdet grundsätzlich nicht nur sich, sondern auch andere. In einer normalen Situation ist das vertretbar - schließlich können und sollen wir ja tatsächlich nicht immer nur zu Hause hocken. Aber in der aktuellen Situation, mit Engpässen bei Schutzkleidung und zunehmend auch bei Medikamenten aufgrund der Lage in Asien, sollten wir unnötige Infektionen soweit irgend möglich vermeiden - das gilt auch für andere Krankheiten, die man sich auf einer Messe holen kann. Der Virologe Dr. Alexander Kekule sagte gestern: "Wir haben die einmalige Möglichkeit, durch Unterbrechung der Infektionsketten, das Virus einzudämmen. In sechs Wochen ist es dafür zu spät." Deshalb plädiere ich dafür, zu Hause zu bleiben, bin aber niemandem böse, der für sich anders entscheidet.

  • #6

    Karl Olsberg (Dienstag, 03 März 2020 10:54)

    @Rainer: Dass die Messeleitung zögert, die Messe abzusagen, finde ich nachvollziehbar. Das hat sicher nichts damit zu tun, dass die Verantwortlichen ein geringeres Infektionsrisiko tragen, sondern mit dem immensen wirtschaftlichen Schaden, der bei einer Absage nicht nur auf die Messe selbst, sondern auf viele Verlage, Hotels etc. zukommt, von der Enttäuschung vieler Besucher*innen ganz abgesehen. Eine solch weitreichende Entscheidung sollte man sich nicht leichtmachen. Die Messe braucht meines Erachtens eine klare Ansage der Politik bzw. der Mediziner, die meiner Vermutung nach auch noch kommen wird, wenn die Lage sich weiter verschlimmert. Solange diese Ansage jedoch ausbleibt, sollte jeder für sich überlegen, ob er nicht lieber zu Hause bleibt.