Frankfurt nimmt Selfpublishing ernst

Selfpublishing ist auf der Frankfurter Buchmesse schon immer ein Thema gewesen. Doch selten war es so präsent wie in diesem Jahr. Auf der einen Seite war ein deutlich gestiegenes Selbstbewusstsein derjenigen zu spüren, die von vornherein auf eine Zusammenarbeit mit Verlagen verzichten oder mangels Verlagsangeboten auf eigene Faust den Weg zu schriftstellerischem Ruhm und Reichtum suchen. Zum anderen sind viele Selfpublisher auch professioneller geworden. Und es gibt immer mehr "Hybrid-Autoren", die so wie ich beides tun und ihre Geschichten sowohl in Verlagen als auch im Selbstverlag veröffentlichen.

 

So war es mir eine Freude, an zwei Podiumsdiskussionen zu diesem Thema teilnehmen zu dürfen. In der ersten Runde mit der Starautorin Nele Neuhaus (zweite von links), die einen langen und harten Weg von der kleinen Provinzbuchhandlung bis zur SPIEGEL-Bestsellerliste absolviert hat, ging es um die Frage, wann sich Selfpublishing eigentlich lohnt. Wir waren uns alle einig, dass das Veröffentlichen in Eigenregie ziemlich anstrengend ist und ein Verlag einem Autor hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren - das Schreiben. Wenn man also die Wahl hat, spricht immer noch sehr vieles für den "klassischen" Weg zum Buch.

 

Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass Selfpublishing längst kein Veröffentlichen zweiter Klasse mehr ist und sich in vielen Fällen erhebliche Vorteile gegenüber dem traditionellen Modell ergeben, zum Beispiel in Bezug auf die Geschwindigkeit. Für Erstautoren ohne Verlagsangebot bietet es zudem die Chance, ihr Können zu beweisen und sich einen Namen zu machen, um dann von einer Verlagslektorin wie Eliane Wurzer (ganz links) entdeckt zu werden. Allerdings muss man als Selfpublisher umso mehr auf Qualität und Professionalität achten, wobei die Unterstützung durch eine professionelle Lektorin wie Friederike Schmitz (links neben mir) sehr hilfreich ist.

 

In der direkt anschließenden zweiten Runde ging es um Selfpublishing von Jugendbüchern. Das pseudoprovokante Diskussionsthema "Braucht man Verlage überhaupt noch?" wurde von der Moderatorin von vornherein als rein rhetorisch dargestellt, was der wortgewandte Moderator Torsten Casimir als "Diskussionsziel" entlarvte. Tatsächlich konnte ich die sehr lässige Haltung einiger Teilnehmer in der Runde zu den aktuellen Marktumbrüchen nicht ganz nachvollziehen. Zwar glaube ich auch, dass es in zwanzig Jahren immer noch Verlage geben wird, aber sicher ist für mich: Keines dieser Unternehmen wird noch viel Ähnlichkeit mit einem heutigen Verlag haben. Wer in der Branche glaubt, die Digitalisierung berühre sein Geschäft kaum, er müsse sein Geschäftsmodell nicht wesentlich verändern und die Notwendigkeit seiner Existenz nicht immer wieder neu beweisen, der wird möglicherweise schon bald recht unsanft aus seinem süßen Traum geweckt werden. Mehr zu dieser Diskussionsrunde kann man hier nachlesen.

 

Neben den beiden Diskussionen hatte ich einen dicht gepackten Terminkalender und durfte dank GDL anschließend noch bei strömendem Regen mit dem Auto fünf Stunden nach Hause fahren. Aber es hat sich gelohnt - die Frankfurter Buchmesse ist immer noch der Treffpunkt schlechthin für alle, die Bücher lieben. Ich hoffe, das wird noch lange so bleiben.

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