"Mirror" heißt jetzt "Pixel"

Noch nie ist einer meiner Romane so schnell von der Realität eingeholt worden. Nicht mal zwei Monate, nachdem „Mirror“ erschienen ist, bringt Google das neue Smartphone „Pixel“ auf den Markt. Es sieht zwar immer noch so aus wie die herkömmlichen Android-Geräte, doch die Absicht dahinter ist eindeutig: Statt mit einer Vielzahl von Apps sollen wir nur noch mit einem einzigen, zentralen „Google Assistant“ sprechen, der dann wie eine sprachliche Benutzerschnittstelle über allen Anwendungen liegt und diese selbstständig ansteuert.

 

Ähnliches machen auch Amazons „Echo“ und „Viv“ von Siri-Gründer Dag Kittlaus, in rudimentärer Form auch „Siri“ von Apple. Doch Google dürfte hier ein anderes Tempo vorlegen als die Konkurrrenz. Immerhin gilt der Alphabet-Konzern mit seiner Tochter Deep Mind als weltweit führend auf dem Gebiet des maschinellen Lernens, wie sie z.B. mit dem Programm AlphaGo bewiesen haben, das im März den weltbesten Go-Spieler klar bezwang.


In einem lesenswerten Kommentar weist Sascha Lobo auf die Gefahren hin, die davon ausgehen: Einerseits muss der Google Assistant, damit er funktioniert, ein möglichst umfassendes Profil des Nutzers mit all seinen Vorlieben, Neigungen, Marotten und Gewohnheiten anlegen – quasi ein digitales Spiegelbild, genau wie die „Mirrors“ in meinem Roman. Andererseits reißt Google damit die Kontrolle darüber, welche Apps genutzt werden – ob z.B. ein Hotel mit Trivago, HRS oder Booking.com gebucht wird, und ob auf den Befehl „bestell mir ein Taxi“ vielleicht doch eher ein Uber-Fahrzeug kommt – an sich. Das verstärkt natürlich die Machtposition des Konzerns enorm und ist höchst profitabel, wie Googles Dominanz im Suchmaschinenbereich bereits zeigt. Mit entsprechend viel Energie und Kapital wird Google diese Strategie verfolgen.

 

Als ich vor weniger als einem Jahr begann, „Mirror“ zu schreiben, ahnte ich von all dem noch nichts. Ich wusste zwar, dass meine „Mirrors“ technisch in naher Zukunft möglich waren, hielt dies aber dennoch für nur eine von vielen möglichen Richtungen, in die sich die Technologie entwickeln könnte. Dass nun das in Hinblick auf den Börsenwert größte Unternehmen der Welt genau den Weg beschreitet, den ich in meinem Roman beschreibe, ist ein bisschen beängstigend. Aber irgendwie auch sehr cool.

 

Nachtrag (7.10.): Gestern hat Samsung bekannt gegeben, die Firma VIV von Siri-Gründer Dag Kittlaus übernehmen zu wollen. Ich hatte bereits in einem früheren Blogbeitrag darauf hingewiesen, dass VIV der Idee des Mirrors schon sehr nahe kommt. Somit haben wir jetzt nicht bloß einen "Mirror" im Markt, sondern demnächst mindestens zwei - zukünftige Geräte von Apple und vielleicht Amazon nicht eingerechnet. Ich fürchte, man muss davon ausgehen, dass in dem nun beginnenden Wettrennen der Giganten über mögliche negative Konsequenzen dieser Entwicklung kaum nachgedacht werden wird.

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Kommentare: 3
  • #1

    Frank (Donnerstag, 06 Oktober 2016 14:37)

    Das nenne ich doch in der Tat einen Vordenker!

  • #2

    Felix (Freitag, 07 Oktober 2016 20:06)

    Ist Ihr Amazon "Echo" eigentlich angekommen den sie sich bestellen wollten?

  • #3

    Karl Olsberg (Samstag, 08 Oktober 2016 11:21)

    @Felix: So einfach ist das leider nicht. Es gibt zum Verkaufsstart nur ein begrenztes Kontingent, und man muss sich darum bewerben. Ende Oktober entscheidet Amazon, wer ein Echo bekommt. Wenn ich zu den Glücklichen zähle, werde ich natürlich darüber berichten.